Gesundheit ohne Umwege – Omega-3-Supplementierung & ein gesundes Pferdeleben
Wie die marine Omega-3-Supplementierung ein gesundes Pferdeleben fördert
Die heutige Pferdehaltung bringt viele neue Herausforderungen mit sich. Das einstige Steppentier, welches täglich mehrere Kilometer in der Herde zurücklegte, um genügend Gräser und Wasser zu finden, lebt nun in Boxen mit zum Teil Paddock und muss sich nur einmal um die eigene Achse drehen, um vom Tränkebecken zurück zum Heuhaufen zu gelangen.
Um die gewünschte Leistung erbringen zu können, finden zudem hohe Kraftfutter- und Getreiderationen Einlass in den Futtertrog. Diese konzentrierte Fütterung bleibt nicht ohne Folgen für den Metabolismus des Pferdes. Denn Getreide hat einen hohen Anteil an Omega-6-Fettsäuren.
Frische Gräser sind reich am Omega-3-Fettsäuren und decken in der Wildnis den täglichen Bedarf. Dies können wir meist weder in unserer Haltung noch in unseren Breitengraden abdecken. Eine ganzjährige Weidehaltung, damit ist keine Matschweide im Winter gemeint, gibt es nur in sehr wenigen Ställen.
Durch die Kombination aus Getreidefütterung und weniger frischem Gras erhöht sich die Omega-6/Omega-3-Disbalance zu Gunsten der Omega-6-Fettsäuren. Aus diesem Grund sollte eine gezielte Omega-3-Supplementierung in der Pferdeküche nicht vernachlässigt werden.
Unterstützende orale Supplementierung wird von Pferdebesitzern gerne angewendet. Doch welche Rolle dabei die essenziellen ungesättigten Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) spielen und wie man Umwege und somit Verluste in der Verabreichung vermeiden kann, ist meist weniger geläufig.
Öle in der Pferdefütterung sind schon lange gern gesehene Zusatzmittel in der Futterkammer. Meist werden sie für glänzendes Fell und zur Unterstützung des Fellwechsels eingesetzt. Doch es gibt noch deutlich mehr Möglichkeiten, und vor allem effizientere, Öle in der Pferdefütterung zu verwenden.
Bühne frei für EPA und DHA
In diversen Studien konnte die unterstützende Wirkung von EPA und DHA in mehreren Einsatzbereichen der oralen Supplementierung nachgewiesen werden. So wurde die Reduzierung der Herzfrequenz im Training bewiesen, wenn eine regelmäßige Omega-3-Gabe erfolgte.[1] Auch wurden positive Effekte bei RAO (equine recurrent airway obstruction) und IAD (inflammatory airway disease) bestätigt[2].
Vor allem bei der Linderung von inflammatorischen Prozessen im Körper konnten die explizite Ergänzung von Omega-3 Fettsäuren bei Pferden gute Erfolge erzielen[3] , wie zum Beispiel bei Culicoides-Hypersensitivität (Sommerekzem), Arthrose und Hufrehe.
Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren – eine kurze Zusammenfassung
Das Dreigestirn der ungesättigten Omega-Fettsäuren wird in der gebräuchlichen Omega-Nomenklatur folgendermaßen aufgeteilt: Omega-3-Fettsäuren (n3-Fettsäuren), Omega-6-Fettsäuren (n6-Fettsäuren) und Omega-9-Fettsäuren (n9-Fettsäuren)[4]. Omega-3 und Omega-6 gehören zu den essenziellen Fettsäuren, da sie von Vertebraten über die Nahrung aufgenommen werden müssen.[5]
Auch bei den wichtigsten Omega-3-Fettsäuren sind aller guten Dinge drei: α-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA)[6].
Wie anfangs erwähnt liegt durch die heutige Pferdefütterung ein Defizit an Omega-3-Festtsäuren vor. Die Balance herzustellen, sollte Ziel einer verantwortungsvollen Pferdehaltung sein. Bei bereits bestehenden inflammatorischen Symptomen ist eine weitere Verschiebung zu Gunsten der Omega-3-Fettsäuren erstrebenswert.
Der Zusammenhang von Fettsäuren und Entzündungen
Der Dreh- und Angelpunkt dabei sind die Eicosanoide. Diese kurzlebigen, chemischen Botenstoffe interagieren mit dem Immunsystem und beeinflussen biologische Prozesse wie zum Beispiel Entzündungen.[7]
Abhängig von ihrer Ausgangssubstanz wirken sie unter anderem entweder antiinflammatorisch oder proinflammatorisch.[8] Vor allem aus Omega-6-Arachidonsäure (AA) oxidierte Eicosanoide fördern Entzündungen. Und hier kommen wieder die Omega-3-Fettsäuren ins Spiel, denn diese konkurrieren um dieselben Enzyme (Cyclo- und Lipoxygenasen).
Das bedeutet: je mehr Omega-3-Fettsäuren durch die Nahrung aufgenommen werden, desto weniger AA kann aus Omega-6-Fettsäuren gebildet werden, welches der Ausgangsstoff für entzündungsfördernde Botenstoffe ist. Denn das AA wird durch EPA in den Phosolipiden ersetzt[9] und kann so nicht mehr als Vorstufe für die proinflammatorischen Eicosanoide dienen.[10]
Je mehr EPA und DHA der Organismus also zur Verfügung hat, desto mehr werden entzündliche Prozesse im Körper vermindert.
Leinöl – ein Umweg mit hohen Verlusten
Bisher wurde eine Omega-3 Supplementierung beim Pferd vor allem durch Lein-, Raps- oder Hanföl vollzogen. Pflanzliche Öle enthalten vor allem die Omega-3-Fettsäure α-Linolensäure (ALA). Diese wird in Octadecatetraensäure (GLA) umgewandelt, welche in Eicosatetraensäure elogiert. Diese wiederum wird durch eine δ-5-Desaturase in Eicosapentaensäure (EPA) umgebildet. Aus diesem EPA kann über die Elongase von Docosapentaensäure (DPA) noch Docosahexaensäure (DHA) gebildet werden.
Quelle: Huhmann, 2019
Klingt kompliziert und beinhaltet etliche Schritte, richtig? Dass es da Verluste gibt, liegt klar auf der Hand.
Den Unterschied sieht man deutlich in der nötigen Dosierung der Öle. Denn gängige Leinöl-Produkte empfehlen 5-10 ml je 100kg Lebendmasse (LM). Hiervon kann das Pferd jedoch nur 5-10% in EPA und DHA konvertieren. Theoretisch müsste somit die Menge 10- bis 20-mal so hoch sein, um dieselbe Wirkung wie Fisch- und Algenöl zu erzielen. Aber das entspräche ca. 200 ml Leinöl je 100kg LM beim Pferd. Diese Mengen füttert natürlich niemand und macht kalorisch auch keinen Sinn.
Um also eine möglichst effiziente Zufütterung mit viel EPA/DHA und wenig Kalorien zu erreichen, ist die Wahl einer marinen Omega-3-Quelle zu empfehlen.
Omega-3-Fettsäuren aus dem Meer
Fischöl ist in der Hundeernährung schon länger bekannt als effiziente Omega-3-Quelle. In der Pferdefütterung bekommt die Wirksamkeit von Omega-3-Supplementierung erst langsam mehr Bedeutung.
Aber warum Fisch- oder Algenöl füttern, wenn auch Leinöl geht? Um eine möglichst hohe Konzentration an EPA und DHA zu ergänzen, ohne Umwege und ohne unnötige Kalorien.
Während nämlich die beiden Omega-3-Fettsäuren, um die es am Ende wirklich geht, im Leinöl aus ALA und diversen Zwischenschritten erst gebildet werden müssen, sind sie in den marinen Quellen bereits sofort enthalten.
Wessen Pferd bei dem Geruch und Geschmack von Fischöl die Nüstern rümpft, kann direkt zum Algenöl greifen. Der Geruch ist nicht so intensiv. Zudem spart man beim Algenöl ebenfalls Umwege. Denn die eigentliche Quelle der Omega-3-Fettsäure sind Algen. Diese werden von Plankton aufgenommen, welches von den Fischen gefressen wird. Nur dadurch weist das Fischöl einen hohen EPA- und DHA-Gehalt auf.
Während vor allem bei Katzen das Fischöl deutlich besser akzeptiert wird, ist dies bei Hunden unterschiedlich. Welches der beiden marinen Öle vom Pferd besser gefressen wird, muss somit ausprobiert werden. Wenn man die Philosophie der vegetarischen Ernährung des herbivoren Pferdes berücksichtigt, ist das vegane Algenöl vorzuziehen. Durch die in der Leber gespeicherten Gallenflüssigkeit des Pferdes, können die Öle sehr gut verstoffwechselt werden.
Grundsätzlich empfehlen sich 2-3 g Omega-3 je 100 Kilogramm Körpergewicht bei Pferden. Dies entspricht 5-8 ml Algenöl je 100kg Körpergewicht. Beim Dorschöl entspricht dies 10-15 ml je 100 kg Körpergewicht.
[ergänzende Grafik]
Die Mischung macht’s
Der Metabolismus des Pferdes ist immer noch für die Ernährung durch kleine Portionen an faserreichen Gräsern und Sträuchern optimiert. Die Anforderungen an die Tiere heutzutage und die aktuellen Haltungsformen bringen aber eine deutlich erhöhte Kraftfutter- und Getreidefütterung mit sich, welche einen hohen Omega-6-Fessäure-Anteil besitzen. Die fehlende ganzjährige Fütterung von Weidegras, welches Pferden normalerweise die meisten Omega-3-Fettsäuren liefert, kann auch durch Heu nicht kompensiert werden. Diese erhöhte Omega-6-Zufuhr gilt es, besonders bei Auffälligkeiten, durch Omega-3-Supplementierung wieder in die Balance zu bringen.
Autorin: Yve Brüggemann – Tierpsychologin und Tierernährungsberaterin
[1] O’Connor et al.2007
[2] Norgadi et al., 2015
[3] Miller et al. 1991
[4] Ziboh und Miller, 1990
[5] Aflin-Slater und Aftergood, 1968
[6] Humann, 2019
[7] Gil, 2002
[8] Calder, 2001
[9] Ziboh und Chapkin, 1988
[10] Ziboh und Lord, 1979
Literaturliste
- Alfin-Slater RB, Aftergood L. Essential fatty acids reinvestigated, 1968
- Calder PC. Polyunsaturated fatty acids, inflammation, and immunity, 2001
- Gil, Á. Polyunsaturated fatty acids and inflammatory diseases, 2002
- Hall JA, Robert, Van Saun J, Tornquist SJ, Gradin JL, Pearson EG, Wander RC. Effect of Type of Dietary Polyunsaturated Fatty Acid Supplement (Corn Oil or Fish Oil) on Immune Responses in Healthy Horses, 2004
- Huhmann R. Die topische Applikation von Omega-3-Fettsäuren, Harnstoff und Glykolsäure bei Pferden mit Culicoides-Hypersensitivität (Sommerekzem), 2019
- Miller CC, Tang W, Ziboh VA, Fletcher MP. Dietary Supplementation with Ethyl Ester Concentrates of Fish Oil (n-3) and Borage Oil (n-6) Polyunsaturated Fatty Acids Induces Epidermal Generation of Local Putative Anti-Inflammatory Metabolites, 1991
- Nogradi N, Couetil LL, Messick J, Stochelski MA, Burgess JR. Omega-3 fatty acid supplementation provides an additional benefit to a low-dust diet in the management of horses with chronic lower airway inflammatory disease, 2015
- O’Connor CI, Lawrence LM, Hayes SH. Dietary fish oil supplementation affects serum fatty acid concentrations in horses, 2007
- Ziboh VA, Chapkin RS. Metabolism and function of skin lipids, 1988
- Ziboh VA, Lord T. Phospholipase A Activity in the Skin. Modulators of Arachidonic Acid Release from Phosphatidylcholine, 1979
- Ziboh VA, Miller CC. Essential Fatty Acids And Polyunsaturated Fatty Acids: Significance In Cutaneous Biology, 1990